Von der Utopie Jugendträume zu verwirklichen

Ich behaupte es jetzt einfach mal: Alle Menschen haben, vorzugsweise in ihrer Jugend, eine Traumvorstellung von ihrem Leben. Viele träumen von wirtschaftlichem Erfolg, von gesellschaftlicher Anerkennung und anderen salonfähigen Plänen. Doch daneben gibt es, und davon bin ich fest überzeugt, fast genauso viele Menschen, die von unbeschwertem Leben ohne ausufernde Bürokratie und übertriebenen Statussymbolen träumen. Letzteres findet man vor allem bei jenen, die noch nicht vollständig von den gesellschaftlichen Regeln, Vorschriften und Weltanschauungen eingenommen wurden. Also bei Kindern.

So identifizieren sich Kinder auf zugegebenermaßen verklärte Weise mit Indianern, Rittern, Robin Hood etc., und zeigen damit einen starken Drang nach Freiheit und ungezwungenem Lebensgefühl. Später schiebt sich dieser Plan mehr und mehr in den Hintergrund. Jugendliche wollen ein Mofa, ein eigenes Auto, denn das ist es, was jetzt zählt.

Die ursprünglichen Ziele werden, soweit man sich noch an sie erinnert, belächelt. Klar, Interessen verändern sich, doch manchmal, ausgelöst durch ein bestimmtes Geräusch, einen Geruch, einen bestimmten Ort, tauchen die starken Gefühle der Kindheit, versüßt mit dem Schwermut lang vergangener Zeiten, wieder auf.

Diese Träume sind nicht weg. Sie sind nur verdrängt und steigen im Alter wieder an die Oberfläche. Wie oft habe ich es erlebt, dass mir alte unheilbar kranke Patienten wehmütig von ihren nicht ausgelebten Plänen erzählt haben. Es sind einfache Unternehmungen, die im täglichen Konkurrenzkampf untergehen. Gartenarbeit zum Beispiel oder eine Wanderung.

Doch den meisten Menschen fällt so etwas erst ein, wenn es zu spät ist. Eingespannt in den Alltag, schachmatt gesetzt durch acht Stunden Arbeit, acht Stunden Schlaf und dreieinhalb Stunden Fernsehen täglich, konsumgeil durch Werbung, kann sich die Masse der Bevölkerung nicht mehr vorstellen, dass es möglich ist, auch noch so utopisch erscheinende Pläne in die Tat umzusetzen.

Manchmal wird einer von der Sehnsucht nach Freiheit erfasst. Beispielsweise durch Freunde, die das Ausland bereist haben oder durch Medienberichte und Dokumentationen, die von Abenteuern berichten, die andere erlebt haben. Dann lodern die Augen des Menschen, eine kurze Ahnung von unbegrenzten Möglichkeiten. Ein heller Gedankenblitz, zu flüchtig um Fuß zu fassen, der, kaum ist er da, wieder in der Masse der träge gewordenen Gesellschaft verschwindet.

Es ist sozusagen im Interesse der Gesellschaft, wenn solche Bedürfnisse unterdrückt werden. Wo kämen wir denn hin, wenn jeder seinen Anspruch auf freie Entfaltung äußern würde? Die bürgerlichen Normen und Werte würden zerstört und damit unter anderem auch die Berechenbarkeit des Konsumverhaltens der Bevölkerung.

Also lässt sich die Wirtschaft Ersatzbedürfnisse einfallen, die, analog zu den neusten Produkten, in der Gesellschaft geweckt werden. Werbung spielt eine große Rolle in der Bedürfnismanipulation. (vgl.: Kinder und Werbung) Aber auch Spielfilme tragen dazu bei, indem sie den Zuschauer zum einen daran gewöhnt, auf passive Weise z.B. Abenteuer und Liebe zu erleben und zum anderen durch geschickte Themenwahl einen ganz bestimmten (und für die Masse der Bevölkerung nie erreichbaren) Lebensstil schmackhaft macht, der mit „natürlichem Leben“ nicht mehr viel zu tun hat. So streben, hetzen die Meisten ein Leben lang einem Ziel entgegen ohne es jemals auch nur annähernd erreichen zu können. Es ist wie beim Lottospiel. Man spielt ein Leben lang und gewinnt (meist) nichts. Und dabei bleiben Kindheitsträume, Lebensfreude und -genuss auf der Strecke.

5 Gedanken zu „Von der Utopie Jugendträume zu verwirklichen“

  1. (…)die noch nicht vollständig von den gesellschaftlichen Regeln, Vorschriften und Weltanschauungen eingenommen wurden. Also bei Kindern

    Erstens denke ich nicht, dass die Sache mit den gesellschaftlichen Regeln bei uns soooo schlimm ist. Im Vergleich zu vielen anderen Ländern/Kulturen/Gesellschaften geht es bei uns relativ pluralistisch zu, meine ich; von daher ist der Unterton in deinem Statement, den ich herauszuhören glaube, vielleicht etwas übertrieben. Man muss sich hier nicht von allem einnehmen lassen, man muss sich hier nicht an alles anpassen; die Möglichkeiten, den eigenen Weg zu gehen, sind meines Erachtens hier wesentlich besser als an vielen anderen Orten.

    Zu den Kindern: von denen lerne ich umheimlich viel! Die haben noch Freude an einfachen Dingen, die rennen voller Spaß einfach so herum, die machen Spielzeuge aus allem Zeux, die haben fun miteinander ohne teures Drumherum.

    Neulich fuhr ich im Bus, saß ganz hinten. Ein kleines Mädchen spielte mit ihrer neben ihr sitzenden Mutter ein Abklatschspiel, irgendein Rhythmus. Zwei andere Kinder ließen sich anstecken. Kein MP3-Player, keine Portable Playstation – Spiel und Spaß einfach so. Du hättest die glücklichen Gesichter sehen sollen. Großartig.

    Ein paar Tage vorher kam ich nach einer einem längeren Lauftraining ziemlich erledigt an einem Restaurant vorbei, es war fast 22.00 Uhr, aber noch recht hell. Die Eltern saßen wohl im Restaurant, während einige Kinder vor Vergnügen quietschend und lachend draußen Einkriegen spielten und sich voller Lebens- und Bewegungsfreude wechselseitig hinterher rannten. Fantastisch. Ich musste, so fertig und eher schlecht gelaunt wie ich war, lächeln, als ich das sah. Die hatten totalen Spaß ohne jedes Equipment. Vorbildlich.

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  2. Ja ja, die Suche nach dem Paradies der frühen Kindertage…
    Allerdings entwickeln sich auch unsere Bälger weiter, mit 10 muss es dann auf einmal der Markenturnschuh sein oder der Gameboy.

    Ich glaube, die Zwänge sind immer diesselben, und sie werden im Kopf gemacht. Ich kann mich nach 40 Jahren Selbstversorgung in Südfrankreich genauso über mein sinnentleertes Leben ärgern wie nach 40 Jahren Fliessband bei Opel. Die gebratenen Tauben fliegen einem nirgends in den Mund, man wird also immer etwas tun müssen, damit man nicht verhungert.

    Ich bin längere Zeit durch Europa getingelt, habe vom Jonglieren und vielen anderen Sachen gelebt und fand es am Ende langweilig. Es hat mich geistig nicht gefordert.

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  3. @asti:
    Mir geht es nicht darum, den Ort der herumfliegenden Tauben zu finden, sondern den Ort wo ich mir die Tauben so beschaffen und braten kann, wie ich es für richtig halte.

    Wenn die Sache langweilig wird, muss man erneut alles überdenken. Du hast es anscheindend auch so gemacht.

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  4. Ich kenne dieses Gefühl, das beschrieben ist und bei mir ist es nicht nur ein Gedankenblitz…es ist stärker, aber die Gesellschaft ist schon zu arg eingesessen und versucht jeden mitzureißen, indem sie jedem , der nicht mitmacht, bestraft. Es ist schwer aber bald bin ich hoffentlich in der Lage dazu auszusteigen und meine Spielfilme selbst zu leben.

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  5. lieber frank,
    und wenn man die einengung durch gesellschaftliche regeln, die wir in unserer gesellschaft erleiden nun mal nicht mit der noch krasseren einengung (plus unterdrückung,misshandlung,etc) vergleichen, die andere in ihren gesellschaften/kulturen/länder erleiden, sondern betrachten, WAS mensch bei uns schon als einengung betrachten könnte (existenz eines fernsehers, computers, gameboys als potentielles suchthervorrufendes objekt->abhängigkeit von technik->merkmal unserer gesellschaft ODER als bsp, welches ich selbst erfahren durfte, dass in schule und arbeitsplatz der besitz eines pc´s vorausgesetzt wird)? dass es uns hier wesentlich besser geht, in einem land, in dem man verhältnismäßig frei ist, denke ich, ist keine sache, die hier zur diskussion steht. dessen sind sich glaube ich die mehrzahl derer, die sich hier austauschen, bewusst.
    also reden wir lieber nicht von übertreibung, sondern versuchen einfach mal darüber nachzudenken, inwiefern es wirklich so ist, wie es der mensch da geschrieben hat. garnicht mal so weit von der realität entfernt, möchte ich meinen.
    du sagst, man müsse scih nicht einnehmen lassen, müsse sich nicht anpassen, könne durchaus seinen eigenen weg gehen.
    ja?
    was ist das hier eigentlich (dieses log-ding für die, die rat und tips von gleich/ähnlichgesinnte suchen)? wenn alles so wunderbar einfach gehen würde, wenn uns die gesellschaft doch so viel freiraum lassen würde, damit jeder tun und lassen kann, was er möchte, warum ist es dann im endeffekt so schwierig es zu realisieren? warum wollen dann viele raus hier?
    wir werden hier rein geboren, werden gezwungen unseren teil zur gesellschaft beizutragen, sei es nun durch geld oder durch mitspielen bei der ganzen kacke.
    und dann, wenn man meint, man sei so weit, kann man ja auch im kopf aussteigen (wie ich es in einem deiner anderen artikel gelesen hab) ABER seinen teil beitragen, den muss man trotzdem. man muss steuern zahlen, ernährt sich wohl doch größtenteils von den produkten, die einen nicht zu verachtenden teil zu dem leid vieler anderer menschen un tiere beitragen, kurz:
    man führt doch das leben weiter (wenn auch ohne kopf), dass man vorher so kritisiert hat.
    also wie war das mit seinen eigenen weg gehen? den gehst du, aber nicht ohne nicht auch noch mit halbem sinne und tun auf dem alten zu wandeln.
    und wieso überhaupt nur mit dem kopf aussteigen (das hört sich schon so unvollständig an!)? das unterstreicht doch wieder die tatsache, dass mensch überhaupt noch krasser von den engen strukturen dieser gesellschaft bestimmt wird, als viele wahrhaben wollen. denn worauf wollt ihr denn nicht mehr verzichten? es ist die bequemlichkeit jedes einzelnen und die zahlreichen vorzüge und langeweile-vertreiber (wie schöne filme gucken zum beispiel), die den verzicht schwer machen und welche somit die basis dieser gesellschaft bilden, kann das sein?
    mensch…ich bin völlig vom thema abgedriftet…bin es eben nich gewohnt, dieses erklärende schreiben…
    also wenn ich jetzt auch nur auf einem wirklich winzigen bruchteil, von dem was du geschrieben hattest, rumgehackt habe, denke ich doch, dass dieses
    “woll´n wa ja ma nich übertreiben, wir haben´s ja eigentlich ganz gut” ein repräsentativer spruch für das handeln derer ist, die, kurz mal ausgebrochen aus dem engstrukturiertem denken der gesellschaftstreuen, das ganze dreckige ausmaß erkennend, schnell wieder aufhören zu denken, weil es zu viele unanehmlichkeiten mit sich bringt, sich dagegen aufzulehnen und gar sein eigenes ding durchzuziehen.
    so. jetzt kann ich nicht mehr, hab ich doch, glaube ich auch alles gesagt, was ich sagen wollte. vorerst mal.
    bitte verzeih den ein oder anderen recht- und zeichensetzfehler, seit man mir es im deutschunterricht erklärt hat, habe ich es falsch gemacht (davor aber richtig)…
    was ich ebenfalls nicht ausschließe ist, dass ich einiges einfach falsch verstanden habe, weil du entweder nicht fähig warst dich richtig auszudrücken oder ich einfach nicht fähig war zu verstehen, was andere vielleicht verstehen würden…ja.
    hoffentlich erklärst du mal ein bisschen, wo du das doch so gut kannst.
    liebe grüße,
    joani

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